"Grüne" Wärme für Wiens Paradeiser: Traditionsbetrieb in Wien baut Biomasse-Heizanlage

Gärtnerei Merschl in Wien setzt mit Biomasse-Heizung und CO2-Wiederverwertung neue Maßstäbe für Klimaschutz und Landwirtschaft – Rund 45.000 Tonnen CO2-Ersparnis –Österreichischer EU-Aufbauplan fördert eine der modernsten "Carbon Capture Use"-Anlagen Österreichs

Gruppenfoto des Spatenstichs
Foto: zweischrittweiter.at

Mit einem feierlichen Spatenstich am 4. April 2025 läutete die Gärtnerfamilie Merschl den Bau einer der innovativsten Industrie-Heizungsanlagen Österreichs ein – ein Projekt, das nicht nur den Gemüsebau revolutioniert, sondern auch als Symbol für die Energiewende und die klimafitte Zukunft der Landwirtschaft steht. In der Hänischgasse im 22. Wiener Gemeindebezirk entsteht eine Hightech-Anlage, die Erdgas durch nachhaltige Biomasse ersetzt und gleichzeitig eine zukunftsweisende CO2-Nutzung im industriellen Maßstab ermöglicht.

Geschäftsführer Merschl: "2024 ist die Entscheidung gefallen: Weg vom Gas"

Der Geschäftsführer von "Merschl Gartenbau", Martin Merschl, sagte anlässlich des Spatenstichs: 

"In den Fünfziger-Jahren wurde bei uns das erste Gewächshaus gebaut, welches von Erdgas beheizt wurde. In den Neunziger-Jahren wurde komplett von Heizöl auf Erdgas umgestiegen. 2024 ist dann die Entscheidung gefallen: Weg vom Gas mit Hilfe des Bundes sowie der EU und die Umstellung auf Holz-Hackschnitzel."

Jürgen Schneider, Leiter der Sektion Klima im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft, ergänzte:

"Dieses Projekt ist ein besonders innovatives Projekt, weil nicht nur von einem fossilen auf einen erneuerbaren Energieträger umgestiegen wird. Die Energie kommt aus der Region. Das schafft Arbeitsplätze und vor allem Wertschöpfung in der Region."

Tradition trifft Innovation: Gemüsebau mit Zukunft

Die Gärtnerei Merschl, ein traditionsreicher Familienbetrieb mit mehr als 125-jähriger Geschichte und insgesamt 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, kultiviert derzeit auf rund 70.000 Quadratmetern jährlich etwa 3.000 Tonnen Tomaten (Paradeiser) und leistet damit einen zentralen Beitrag zur Nahversorgung der Stadt Wien mit frischem Gemüse. Mit dem neuen Projekt wird auch die Anbaufläche erweitert: Die Gewächshausfläche wächst auf insgesamt 80.500 Quadratmeter – ein weiterer Schritt zur Stärkung der regionalen Versorgungssicherheit.
Ökologische Verantwortung steht im Familienbetrieb Merschl, der in der 5. Generation unternehmerisch tätig ist, seit jeher im Zentrum. Der Betrieb wird durch das Nachhaltigkeitsprogramm der Landwirtschaftskammer Wien unterstützt und setzt konsequent auf Ressourcenschonung, Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft. Im Rahmen des Programms "Transformation der Wirtschaft", das vom Klima- und Energiefonds getragen und aus dem österreichischen EU-Aufbauplan finanziert wird, konnte nun ein zukunftsweisendes Projekt realisiert werden.

Biomasse statt Erdgas: Wärme aus regionalem Hackgut

Kernstück ist eine neue 5-Megawatt-Heizanlage, die mit regionaler Biomasse – in Form von Hackschnitzeln – betrieben wird. Für deren Lagerung wird ein 600 Quadratmeter großes Hackgutlager errichtet. Angeschlossen an die Heiztechnik ist eine hochmoderne "Carbon Capture Use"-Anlage (kurz: CCU), die CO2 aus den Verbrennungsprozessen abscheidet und nicht speichert, sondern gezielt im Produktionsprozess wiederverwendet. Das abgeschiedene CO2 wird direkt in die Gewächshäuser eingeleitet, wo es von den Pflanzen aufgenommen wird und deren Wachstum fördert.

Aus einem ursprünglich klimaschädlichen Reststoff wird so ein aktiver Bestandteil eines natürlichen Stoffkreislaufs. Dieser innovative Ansatz soll in den nächsten 10 Jahren voraussichtlich rund 45.000 Tonnen CO2 einsparen – eine beeindruckende Bilanz für einen einzelnen landwirtschaftlichen Betrieb. Die Gärtnerei Merschl lebt damit das Prinzip der Kreislaufwirtschaft: Der CO2-Kreislauf, der Pflanzenwachstumszyklus, der Warenfluss des Gemüses und die regionale Wertschöpfung greifen nahtlos ineinander.

Klimaschutz in der Praxis

Das Projekt ist nicht nur ein technisches Vorzeigeprojekt, sondern auch ein wirtschaftliches und ökologisches Vorbild für die gesamte Branche. Unterstützt durch den österreichischen EU-Aufbauplan, zeigt es, wie innovative Technologien mit landwirtschaftlicher Tradition verbunden werden können – und wie aus "negativem" CO2 ein aktiver Beitrag zu einer nachhaltigen, lebenswerten Zukunft entsteht.

Hintergrund: Förderprogramm "Transformation der Wirtschaft"

Das Programm "Transformation der Wirtschaft" im Rahmen des österreichischen EU-Aufbauplans richtet sich an alle Unternehmen aus der produzierenden Wirtschaft, die prozessbedingte Treibhausgasemissionen aufweisen und deren Betriebsstandort beziehungsweise Anlagen sich in Österreich befinden. Bis 2026 stehen insgesamt 100 Millionen Euro an Mitteln aus dem österreichischen EU-Aufbauplan (Subkomponente: 1.D.2 "Transformation der Industrie zur Klimaneutralität") zur Verfügung. Auch umfasst werden jene Unternehmen, die in den Anwendungsbereich des EU-Emissionshandels fallen. 

Für die eingereichten Maßnahmen müssen Investitionskosten von jeweils mindestens 2,5 Millionen Euro vorliegen. Die maximale Förderung beträgt bis zu 10 Millionen Euro pro eingereichter Maßnahme. Die Auswahl der Projekte erfolgt durch ein kompetitives Ausschreibungsverfahren. Für die Erteilung des Förderzuschlags ist das Verhältnis der beantragten Förderung (Euro) pro eingesparter Tonne Treibhausgasemission (CO2-Äquivalent) ausschlaggebend. 

Weiterführende Informationen