Verfassungsministerin Edtstadler: Internationale Vernetzung als Schlüssel im Kampf gegen Antisemitismus

3. European Conference on Antisemitism – "Für Jüdinnen und Juden Sicherheit und Freiheit schaffen und verteidigen ist Gebot der Stunde"

"Wir müssen uns selbst die Frage stellen, in welcher Art von Gesellschaft wir leben möchten. Derzeit befinden wir uns in einem bedeutenden Moment der Geschichte mit vielen Herausforderungen, Konflikten und Kriegen. Und das hat einen Einfluss auf uns und unsere Gesellschaften", sagte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler eingangs der von ihr initiierten European Conference on Antisemitism im Festsaal der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien. "Möchten wir in einer Gesellschaft leben, die Neid, Intoleranz und Hass erlaubt? Oder wollen wir eine von sozialem Frieden, Zusammenhalt und Toleranz geprägte Gemeinschaft, die die Unterschiede zwischen den Menschen akzeptiert?", ergänzte Edtstadler. Ein Blick auf mehrere Länder zeige, dass dies nicht selbstverständlich sei.

Kampf gegen Antisemitismus als Schutz für Demokratie

Es gebe unzählige Gründe, warum man sich für jüdisches Leben einsetzen müsse. "Die Ausmaße von antisemitischen Vorfällen sind ein Barometer für die Stärke unserer Gesellschaft. Die Geschichte hat uns gezeigt, dass es mit Hass und Intoleranz gegenüber Jüdinnen und Juden beginnt, es aber damit nicht endet. Der Kampf gegen Antisemitismus ist eine Schutzvorrichtung für unsere liberalen Demokratien", erläuterte die Verfassungsministerin bei ihren Eröffnungsworten. Der Europäische Rat habe bereits in seiner Erklärung vom 2. Dezember 2020 die Bedeutung jüdischen Lebens festgelegt. "Es ist unsere Aufgabe und Pflicht, den Jüdinnen und Juden das gleiche Gefühl von Sicherheit und Freiheit zu vermitteln wie der gesamten restlichen Bevölkerung in der Europäischen Union", betonte Karoline Edtstadler.

Seit 7. Oktober 2023 sei in einigen Ländern die Anzahl von antisemitischen Zwischenfällen um mehr als 1.000 Prozent angestiegen. "Wenn die jüdische Bevölkerung darum ersucht wird, aus Sicherheitsgründen zu Hause zu bleiben, müssen wir handeln: jetzt und mit Bestimmtheit", unterstrich Edtstadler. In Österreich seien 2023 die antisemitischen Vorfälle um 60 Prozent gestiegen. "Diskriminierung und Gewalt gegen Jüdinnen und Juden passieren zunehmend in der Öffentlichkeit. Erst letzte Woche gab es Graffitiparolen im jüdischen Viertel von Wien, heute eine Farbattacke auf diese Konferenz. Vor allem auch soziale Medien spielen eine wesentliche Rolle bei der Veröffentlichung antisemitischer Meldungen, erleichtert durch eine algorithmische Verstärkerwirkung. Das passiert sowohl offen, als auch verdeckt", so die Verfassungsministerin.

Koordiniert gegen Antisemitismus vorgehen

"Jeder Angriff auf jüdisches Leben ist auch ein Angriff auf unsere Gesellschaft. Das können wir nicht akzeptieren und tolerieren. Problemlösungen dazu sind vielfältig und komplex. Heutzutage zeigt sich Antisemitismus oftmals als Kritik am israelischen Staat, zunehmend von der linken Seite des politischen Spektrums", sagte Karoline Edtstadler und verwies auf Slogans, die den Wunsch nach dessen Zerstörung zeigen würden. Nachdem Österreich 2021 der erste EU-Mitgliedstaat mit einer umfassenden Nationalen Strategie gegen Antisemitismus gewesen sei, müsse man weiterhin fortlaufend neue Maßnahmen entwickeln. "Daher habe ich erst vor einigen Wochen ein Maßnahmenpaket gegen Online-Antisemitismus präsentiert. Damit soll die Zusammenarbeit mit Online-Plattformen verstärkt und die Widerstandsfähigkeit der Zivilgesellschaft gestärkt werden. Denn Antisemitismus ist ein Phänomen, gegen das man nur mit koordinierten Aktivitäten ankämpfen kann", so Edtstadler. Daher habe man diese Konferenz initiiert und die Wiener Erklärung vom 18. Mai 2022 angenommen, die mittlerweile von 15 Mitgliedstaaten unterzeichnet wurde.

Unserer Gesellschaft ein friedliches Zusammenleben ermöglichen

"Heute begehen wir Yom haShoah, den Tag, an dem wir den Opfern der Shoah gedenken, nicht nur in Israel, sondern auch in anderen Ländern. Auch das zeigt uns, wie wesentlich unsere Arbeit ist und wie notwendig es ist, an einer Zukunft frei von Antisemitismus zu arbeiten. Meine Vision ist ein Österreich, ein Europa und eine Welt, in der kein Platz für Antisemitismus ist. Nur wenn wir dabei erfolgreich sind, können wir in unserer Gesellschaft ein nachhaltiges, friedliches Zusammenleben ermöglichen. In einer Gesellschaft ohne Furcht, Neid und Hass", schloss Verfassungsministerin Edtstadler.

Bei der zum dritten Mal stattfindenden Konferenz waren Expertinnen und Experten dazu eingeladen, gemeinsam Maßnahmen gegen Antisemitismus zu diskutieren und Initiativen zu erarbeiten, die jüdisches Leben in Europa fördern. Zum Themenschwerpunkt der Auswirkungen des terroristischen Anschlags der Hamas auf Israel gab es eine Videobotschaft des israelischen Präsidenten Isaac Herzog. Die Keynote hielt die Sonderbeauftragte der US-amerikanischen Regierung zur Beobachtung und Bekämpfung von Antisemitismus, Botschafterin Deborah Lipstadt.

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