Thema 4 – Die Bibliothek in der Nachkriegszeit
Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgt die Wiedereingliederung der Administrativen Bibliothek als zentrale Verwaltungsbibliothek für alle Bundesministerien und Dienststellen des Bundes, der Länder und der Gemeinden in den Ressortbereich des Bundeskanzleramts. (Behörden-Überleitungsgesetz, Behörden-UG, StGBl. Nr. 94/1945).
Guido Mayr-Werchota wird 1945 wieder als Leiter der Bibliothek eingesetzt. 1948 tritt er in den Ruhestand und Emil Hoeper übernimmt die Leitung der Bibliothek. Nach seinem Tod 1957 übernimmt mit Maria Matt erstmals eine Frau die Bibliotheksleitung.
Auf Matts Initiative erfolgt 1958 die Wiedereinrichtung der Arbeitsgemeinschaft der Amts- und Behördenbibliotheken. Ein Jahr später kommt es im Rahmen der Vereinigung österreichischer Bibliothekare (VÖB) zur Gründung der Kommission für Amts- und Behördenbibliotheken. Maria Matt hat bis 1968 den Vorsitz inne. 1966 übernimmt sie auch die Leitung der Kommission für Rechtsfragen.
Das zentrale Nervensystem jeder Bibliothek ist ihr Katalog. Dieser erzählt nicht nur die Geschichte einer Bibliothek, sondern bietet auch Einblicke in den technischen Fortschritt.
Große Katalogrevision
Unter Maria Matt wird der gesamte Katalog erneuert. Alle Bestände, die bis 1941 noch im alten, auf Constantin Wurzbach zurückgehenden, Schranksignatur-Schema erfasst waren, werden auf Numerus Currens umsiginiert und aufgestellt. Der bis 1941 handschriftlich geführte Kapselkatalog wird mit den seit 1941 maschinell erfassten Katalogkarten zusammengeführt und die Aufstellung harmonisiert.
Der maschinelle Zettelkatalog bleibt bis zur Etablierung des elektronischen Bibliothekssystems Aleph im Jahre 2000 unverändert bestehen.
Neugestaltung des Dokumentationsdienstes
Ab September 1957 wird monatlich ein Zuwachsverzeichnis und eine nach Sachgebieten geordnete Übersicht der aktuellen Zeitschriftenaufsätze veröffentlicht.
Im Jahr 1958 startet die Bibliothek mit der Erstellung eines Index zu den Landesgesetzblättern sowie eines Index zu den stenographischen Protokollen des Nationalrats. Beide Publikationen werden 10 Jahre lang geführt und 1969 von der "Österreichischen Rechtsdokumentation" abgelöst.
Zwischen 1970 und 2017 wird der Index zu den österreichischen Reichs-, Staats- und Bundesgesetzblättern, der nach seinem ersten Bearbeiter benannte "Index Stefanowicz" von der Administrativen Bibliothek herausgegeben. Das Werk ist eine Übersicht zu allen seit 1848 erschienenen Reichs-, Staats- und Bundesgesetzblättern. Er ist zuletzt in der 43. Auflage 2021 erschienen.
Der Index Bundesrecht (BGBl-Index), ein systematisches Verzeichnis des geltenden Bundesrechts, geht erstmals 1985 in Druck und ist zuletzt in der 37. Auflage 2021 erschienen.
Auflösung der belletristischen Abteilung
Als Pflichtexemplarbibliothek gelangen auch belletristische Werke in den Bibliotheksbestand. Auf Empfehlung des Rechnungshofes erfolgt 1967 die Auflösung dieser Abteilung. Die Bücher werden je nach Erhaltungszustand ausgeschieden oder anderen Bibliotheken angeboten.
Zusammenarbeit zwischen den europäischen Rechtsbibliotheken
Im Juni 1967 nimmt das Ministerkomitee des Europarates eine Resolution betreffend die Zusammenarbeit zwischen den europäischen Rechtsbibliotheken an. Die Administrative Bibliothek erhält in der Folge den Auftrag, mit den Arbeiten an einer österreichischen Rechtsdokumentation zu beginnen.
Die neuen Richtlinien für die Organisation der Administrativen Bibliothek und Österreichischen Rechtsdokumentation im Bundeskanzleramt treten am 1. Jänner 1969 in Kraft.
Über die Pflichtexemplarregelung gemäß Preßgesetz (PreßG 1852, § 4) gelangt seit 1852 von allen in den österreichischen Kronländern verlegten oder gedruckten und zum Verkauf bestimmten Druckschriften je ein Exemplar in die Administrative Bibliothek.