Thema 2 – Die Bibliothek in der Ersten Republik
Durch die Presserechtsreform 1922 wird die Administrative Bibliothek zur bezugsberechtigten Institution von Freistücken. Die Bibliothek übersiedelt vom Hohen Markt in die Herrengasse 23. Eine erste gemeinschaftliche Initiative zur Vereinfachung bibliothekarischer Abläufe wird gegründet.
Neuorganisation des Verwaltungsapparats
Im Zuge der Neuorganisation des Verwaltungsapparats nach der Auflösung der Habsburgermonarchie wird die Administrative Bibliothek 1919 zunächst dem Staatsamt für Inneres und Unterricht, dem späteren Bundesministerium für Inneres und Unterricht, zugeordnet.
1923 werden die Agenden des Bundesministeriums für Inneres und Unterricht getrennt. Während ein eigenes Bundesministerium für Unterricht geschaffen wird, gelangt der Aufgabenbereich des Inneren gemeinsam mit der Administrativen Bibliothek in das Bundeskanzleramt.
Räumlich ist die Bibliothek noch am Hohen Markt untergebracht. Die Übersiedelung an den aktuellen Standort, in das Palais Porcia, Herrengasse 23, erfolgt 1925.
Bibliotheksbetrieb in der Zwischenkriegszeit
Im Jahr 1924 wird die "Arbeitsgemeinschaft der amtlichen Bibliotheken Wiens" gegründet. Vorbild ist die Arbeitsgemeinschaft der Preußischen Behördenbibliotheken. Der Leiter der Administrativen Bibliothek, Camillo Susan, ist Vorsitzender dieser Arbeitsgemeinschaft. Das Statut formuliert folgende Ziele: größtmögliche Wirtschaftlichkeit in der Bibliotheksverwaltung und die Erschließung der Bestände für einen möglichst weiten Kreis.
Die angestrebte Reorganisation des Behördenbibliothekswesens scheitert und die Arbeitsgemeinschaft wird 1928 aufgelöst.
100 Jahre im Palais – die Bibliothek 1925 bis 2025
Seit 1925 ist die Administrative Bibliothek an ihrem heutigen Standort in der Herrengasse 23 untergebracht. Ursprünglich befindet sie sich im Innenministerium, in der Wipplingerstraße. Im Jahr 1897 übersiedelt sie von dort in die Marc-Aurel-Straße und im Jahr 1921 auf den Hohen Markt Nr. 5.
Geschichte des Palais Porcia
Das Palais Porcia beherbergt bereits seit Mitte des 18. Jahrhunderts verschiedenste Verwaltungseinrichtungen. 1753 wird das Gebäude als Verwaltungs- und Gerichtsgebäude für die Niederösterreichischen Landesregierung adaptiert. Im Zuge der Verwaltungsreform von Kaiser Josephs II. werden 1874 Justiz und Verwaltung voneinander getrennt. Das Haus Herrengasse 23 dient ab nun als Gerichtsgebäude für das "K. K. Appellations- und Kriminal-Ober-Gericht in Niederösterreich ob und unter der Enns", das "K. K. N. Ö. Landrecht" und das "K. K. N. Ö. Mercantil- und Wechselgericht“.
1882 übersiedelt der Verwaltungsgerichtshof ins Palais Porcia. Im Herbst 1902 zieht der Rechnungshof in die Herrengasse 23, nachdem der Verwaltungsgerichtshof ins Palais Epstein wechselt. 1920 wird der Rechnungshof unmittelbar dem Nationalrat unterstellt und bezieht eine neue Wirkungsstätte in der Annagasse 5. In den folgenden 5 Jahren wird das Palais von unterschiedlichen Ministerialabteilungen genutzt.
Kunsthistorisch handelt es sich um einen bedeutenden Bau der Renaissance. 1535 erwirbt Graf Gabriel de Salamanca-Ortenburg, Generalschatzmeister und Hofkanzler unter Erzherzog Ferdinand von Österreich das Gebäude, dessen älteste Teile als Kernbau der Zeit um 1300 stammen. Graf Salamanca-Ortenburg beauftragt die Errichtung des repräsentativen Straßentrakts und lässt mit einem bemerkenswerten Arkadengang den Straßentrakt mit dem Quertrakt verbinden.
Ende des 16. Jahrhunderts geht die Liegenschaft in den Besitz der Familien Hofkirchen und Losenstein über, die neben der Errichtung des linken Hoftrakts umfangreiche Umbauten veranlassen. Das Wappen der Familien Hofkirchen und Losenstein ist in der Mitte des Arkadengangs des wunderschönen Renaissance-Innenhofs zu sehen.
Nach mehreren Besitzerwechseln im 17. Jahrhundert geht das Palais 1667 in den Besitz von Johann Karl Fürst Porcia, dem Namensgeber des Palais, über. In diese Zeit fallen auch die hochbarocken Erweiterungen durch Domenico Martinelli, u. a. die Aufstockung des Arkadengangs und die Errichtung des zweiten Hofes.
Das Gebäude wird um 1750 unter Kaiserin Maria Theresia erworben. Im Zuge des Umbaus zu einem Verwaltungs- und Gerichtsgebäude werden die Arkaden zugemauert. Als Hinweis für die staatliche Nutzung des Hauses wird über dem Eingangstor ein vollplastischer, vergoldeter Doppeladler mit Krone und Wappen der habsburgischen Länder angebracht.
Renovierungen 1992–1997
Die vorläufig letzte umfangreiche Gebäudesanierung findet von 1992 bis 1997 statt.
Die Generalsanierung erfolgt im Rahmen des Investitionsprogramms "Staatlicher Hochbau". Investitionen in den Ausbau und die Sanierung öffentlicher Gebäude wie Schulen, Ämter, Universitäten, Gebäude der Landesverteidigung sollen die Konjunktur stützen. Die planmäßigen Gesamtkosten des Bauvorhabens Herrengasse 23, Administrative Bibliothek (Palais Porcia), werden 1989 mit 106,6 Millionen Schilling (rund 18,4 Millionen Euro) veranschlagt.
Im Zuge der Sanierung erfolgt die Freilegung und Verglasung der Arkadengänge. In der Sala Terrena befindet sich ein 16 Meter tiefer Brunnenschacht mit Quadermauerwerk. Kunsthistorisch bemerkenswert ist das Kreuzgratgewölbe in der Säulenhalle.