Thema 1 – 175 Jahre die Administrative

Gründungsgeschichte

Die Administrative Bibliothek wird am 14. Jänner 1850 für die Benützung geöffnet. Die Initiative zur Gründung einer Bibliothek für die Verwaltung geht auf Franz Graf Stadion, Innenminister im Kabinett des Fürsten Schwarzenberg, zurück.

Kaiser Franz Joseph I. genehmigt am 18. April 1849 in einer von ihm höchstpersönlich unterschriebenen Resolution "die Begründung und Erhaltung einer administrativen Bibliothek bey dem Ministerium des Inneren".

Er ernennt Dr. Constantin Wurzbach zum Bibliothekar und legt ein jährliches Gehalt von 1.800 Gulden (rund 41.750 Euro) und zusätzlich 300 Gulden (rund 6.960 Euro) jährliches Quartiergeld fest. Die Bibliothek stattet er mit einem Jahresbudget von 400 Gulden (rund 9.280 Euro) aus.

Die kaiserliche Entschließung
Die kaiserliche Entschließung. Foto: BKA/Andy Wenzel

[Handschriftlich in Kurrentschrift]

Ich genehmige die Begründung und Erhaltung einer administrativen Bibliothek bey dem Ministerium des Inneren, und ernenne den Dr. Wurzbach zum Bibliothekar, mit dem Gehalte jährlicher achtzehnhundert Gulden, und einem Quartiergelde jährlicher dreyhundert Gulden. Für das erforderliche Hilfspersonale haben Sie einstweilen in der beauftragten Weise zu sorgen. Zugleich bewillige ich für diese Bibliothek eine Jahres=Dotation von vierhundert Gulden vom Jahre 1849 angefangen, mit welcher Sie auszulangen Sie möglichst Sorge tragen werden. Diese Meine Entschließung haben Sie Meinem Finanzminister mitzutheilen. Olmütz am 18. April 1849
Franz Joseph 

Vermerk des Beamten rechts oben: lege ich gehorsamst bei.
Datum links unten: Wien am 10. April 1849

Constantin Wurzbach – der erste Bibliothekar

Constantin Wurzbach, Bibliothekar, Lexikograf und Schriftsteller ("Neue Illustrirte Zeitung", Wien und Leipzig)
Constantin Wurzbach, Bibliothekar, Lexikograf und Schriftsteller ("Neue Illustrirte Zeitung", Wien und Leipzig). Foto: Wien Museum Online Sammlung W 7268, Adolf Neumann (1825-1884)

Constantin Wurzbach Ritter von Tannenberg wird am 11. April 1818 in Laibach geboren. Nach der Matura am Akademischen Gymnasium in Laibach studiert er Rechtswissenschaften an der Universität Graz. Nach Abschluss des Studiums im Jahr 1837 entscheidet er sich für eine militärische Laufbahn. Er tritt in ein galizisches Infanterieregiment ein und nimmt ein Philosophiestudium auf. 1843 promoviert er an der Lemberger Universität zum Doktor der Philosophie und nimmt eine Stelle als wissenschaftlicher Beamter an der Universitätsbibliothek an. In Lemberg lernt er auch den damaligen Statthalter von Galizien, Franz Graf Stadion, kennen. Dieser schickt ihn 1848 im Zuge der Märzrevolution zur politischen Berichterstattung nach Wien. Franz Graf Stadion kehrt im Juni 1848 nach Wien zurück. Im Oktober 1848 wird er Innen- und Bildungsminister in der Regierung von Felix Fürst zu Schwarzenberg.

Franz Graf Stadion überträgt Constantin Wurzbach im Dezember 1848 die Aufgabe, die für die Gesetzgebung erforderlichen Materialien "… in den älteren österreichischen, dann auch in den ausländischen Gesetzgebungen aufzusuchen, zu sammeln (…) und die legislativen Verhandlungen in eine systematisch geordnete Aufbewahrung zu bringen".

Wurzbachs Lebenswerk

Constantin Wurzbach verfasst als Bibliotheksleiter die "Instruction für den Bibliotheksdienst". Die Instruction beschäftigt sich mit personellen, strukturellen und organisatorischen Fragestellungen der Bibliotheksführung.

Instruction für den Bibliotheksdienst
Instruction für den Bibliotheksdienst. Foto: BKA/Andy Wenzel

Wurzbach ist aber auch ein ambitionierter Schriftsteller und Biograph. Die von ihm publizierte "Bibliographisch-statistische Übersicht der Literatur des österreichischen Kaiserstaates" begründet die Literaturstatistik in Österreich und wird auf internationalen statistischen Kongressen anerkannt. Wurzbachs bedeutendstes Werk ist das "Biographische Lexikon des Kaiserthums Österreich". Über einen Zeitraum von 35 Jahren veröffentlicht er 60 Bände mit insgesamt 24.254 Biografien und 347 Stammtafeln. Die Reihe wird von der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften mit rund 17.850 Gulden (rund 260.000 Euro) subventioniert.

1874 wird Wurzbach für seine literarischen Leistungen ausgezeichnet und in den Ritterstand erhoben. Im Alter von 75 Jahren stirbt er 1893.

Diensteid aus dem Jahr 1871
Diensteid aus dem Jahr 1871. Foto: BKA/Andy Wenzel

[Handschriftlich in Kurrentschrift]

Diensteid 
für Hilfsämter – Direktions – Adjunkten.

Sie werden einen Eid zu Gott dem Allmächtigen schwören und bei Ihrer Ehre und Treue geloben, Seiner Majestät, dem Allerdurchlauchtigsten Fürsten und Herrn Franz Joseph dem Ersten, von Gottes Gnaden Kaiser von Oesterreich; Könige von Böhmen und Apostolischen Könige von Ungarn, und nach Allerhöchstdenselben den aus dessen Stamme und Geblüte nachfolgenden Erben gehorsam zu sein und die Staatsgrundgesetze unverbrüchlich zu beobachten.

Nachdem Sie vom Herrn Minister zum Adjunkten der Hilfsämter des Ministeriums des Inneren ernannt worden sind, werden Sie schwören, die Ihnen von Ihren Vorgesetzten zukommenden Aufträgen auf das Genaueste zu befolgen, allen Ihren Vorgesetzten die gebührende Achtung zu bezeugen, die Ihnen zugewiesenen Geschäfte mit Eifer und gewissenhafter Verläßlichkeit zu verrichten, Ihren vorgesetzten Direktor in seinen Amtsverrichtungen, so viel nur immer an Ihnen liegt, zu unterstützen, das Ihnen untergeordnete Personale mit anständigen Ernste zur genauesten Pflichterfüllung anzuhalten, das Amtsgeheimniß treu zu bewahren, Niemanden ohne höherer Erlaubniß die Einscht von Akten zu gestatten, oder Abschriften derselben zu erfolgen, durch keine wie immer geartete Rücksicht sich von Ihrer pflichtmäßigen Dienstleistung abbringen zu lassen, überhaupt sich so zu benehmen, wie es einem Manne von Ehre und einem treuen Diener Seiner Majestät des Kaisers geziemt.

Auch werden Sie schwören, daß Sie einer ausländischen, politische Zwecke verfolgenden Gesellschaft weder gegenwärtig angehören, noch einer solchen Gesellschaft in Zukunft angehören werden.

Was mir jetzt vorgelesen worden ist, und ich in Allem wohl und deutlich verstanden habe, demselben soll und will ich getreu und fleißig nachkommen, so wahr mir Gott helfe!

Franz Alexander Altmann 
Hilfsämter Directions Adjunct in der Adelregistratur

[Im Anschluss ist eingetragen:]

Den vorstehenden, vor mir vorgelegten (lesenen [Korrektur]) Diensteid hat der neu ernannte H. hilfsämter - direktions - Adjunkt Franz Altmann am heutigen Tage in die Hände des kk. Herrn Ministerialrathes u. Kanzleidirectors Adolph Ditt... v. G... [Name unleserlich] abgelegt.

Wien am 24. April 1871

[Name unleserlich] 
Minist. Sekretair.

Aufgaben der Bibliothek

Die Administrative Bibliothek ist eine Spezialbibliothek für die Verwaltung. Sie stellt ihre Dienste vorrangig den Mitarbeitenden der öffentlichen Verwaltung zur Verfügung. Durch die Eingliederung in den Verwaltungsapparat können die Informations- und Servicedienstleistungen so gestaltet werden, dass sie unmittelbar in den Arbeitsprozess übernommen werden können.

Von Anbeginn gehört es zu den zentralen Aufgaben der Bibliothek die Gesetzgebung zu sammeln und zu dokumentieren. Gemäß kaiserlichem Auftrag werden im Zuge der revolutionären Ereignisse in den Jahren 1848 und 1849 alle veröffentlichten Bücher, Flugschriften, Zeitungen und sonstigen Presseerzeugnisse eingesammelt.

Organisation der Bibliothek – der Wurzbach’sche Katalog

Die Administrative Bibliothek wird zunächst in 2 Abteilungen geführt und unterscheidet zwischen dem Buch- und dem Zeitungsbestand. Das grundsätzliche Ordnungsprinzip für beide Abteilungen ist die Schranksignatur. Diese weist jedem Buch bzw. jedem Journal oder jeder Zeitung anhand einer Vignette mit der Lokalsignatur einen festen Standort zu.

Die Katalogisierung erfolgt zum einen alphabetisch und zum anderen nach Schlagworten. Es ist genau festgelegt, welche Informationen auf dem Bibliothekszettel in welcher Reihenfolge erfasst werden müssen. Die handschriftlich verfassten Zettel werden nie gebunden, sondern lose nach den Buchstaben geordnet in Pappschachteln, dem sogenannten Kapselkatalog, aufbewahrt. Dadurch ist es möglich, den Bestandszuwachs gemäß der alphabetischen Ordnung einzureihen.

Kapselkatalog
Kapselkatalog. Foto: BKA/Regina Aigner
Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs
Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs 1948 –1990. Foto: BKA/Regina Aigner

Die sachliche Erschließung erfolgt über den Schlagwortkatalog. Der Gegenstand des Buches wird erfasst und, alphabetisch geordnet, für die Benutzerin und den Benutzer über die Schlagwortsuche zugänglich gemacht. Aufgrund der lückenlosen Sacherschließung seit 1850 gilt der alte Wurzbach’sche Schlagwortkatalog als eine bibliografische Seltenheit.

Vom Preßgesetz zum Mediengesetz

Über die Pflichtexemplarregelung gemäß Preßgesetz (PreßG 1852, § 4) gelangt seit 1852 von allen in den österreichischen Kronländern verlegten oder gedruckten und zum Verkauf bestimmten Druckschriften je ein Exemplar in die Administrative Bibliothek.

Büchermagazin Herrengasse 23
Büchermagazin Herrengasse 23. Foto: BKA/Regina Aigner
Büchermagazin Herrengasse 23
Büchermagazin Herrengasse 23. Foto: BKA/Regina Aigner

In der Ersten Republik wird das Presserecht reformiert und die Überwachung der Presse gelockert (PreßG 1922, BGBl. 218/1922). In der Umsetzungsverordnung zum PreßG 1922 wird erstmals die Administrative Bibliothek, und nicht mehr das Bundesministerium, als bezugsberechtigte Institution von Freistücken genannt (BGBl. 716/1922).

Die Überwachung der Presse wird de facto mit dem Inkrafttreten des Mediengesetzes 1981 (MedienG 1981, BGBl. Nr. 314/1981) abgeschafft. Die Ablieferungs- bzw. Anbietungspflicht an ausgewählte öffentliche Bibliotheken besteht weiterhin und hat sich als Instrument der Aufbewahrung von nationalem Kulturgut bewährt.

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