Bundeskanzler Sebastian Kurz: "Europäisches Selbstbewusstsein stärken"

World Economic Forum in Davos – EU, Brexit, Migration, Digitalisierung im Fokus

"In einer immer schneller werdenden, immer härter werdenden, sehr wettbewerbsorientierten Welt brauchen wir als EU vor allem eines, und das ist ein neues und starkes europäisches Selbstbewusstsein sowie Reformen sowohl auf nationalstaatlicher als auch auf europäischer Ebene", sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz bei seiner Keynote-Rede im Rahmen des World Economic Forum (WEF) in Davos.

Sebastian Kurz in einer Runde mit Paul Kagame © BKA/Dragan Tatic

"Es muss uns in der Europäischen Union jedenfalls gelingen, die Entscheidungsfindungen zu erleichtern und alle gemeinsam gefassten Beschlüsse umzusetzen", sei es im Bereich der Budgetpolitik, beim Dublin-Abkommen, oder auch der Rechtsstaatlichkeit. Der Bundeskanzler betonte zudem, dass "wir vor allem beim Thema Rechtsstaatlichkeit keine Kompromisse machen dürfen. Europa befindet sich im globalen Vergleich in einer beneidenswerten Lage, Europa ist der lebenswerteste Platz der Welt."

Hoffnung auf "Plan B" zu Brexit

"Die EU-27 haben alle Vorkehrungen getroffen. Wir sind auf einen möglichen harten Brexit vorbereitet. Die gesamte Europäische Union kämpft geschlossen gegen diesen 'hard Brexit' an", aber es sei möglich, dass das Austrittsdatum Großbritanniens verschoben werden könnte, "wenn es notwendig ist. Das muss aber von Großbritannien verlangt werden. Die Wahl zum Europäischen Parlament im Mai sollte aber der maximale Termin dafür sein", so der österreichische Regierungschef.

Trendwende in der Migrationspolitik

Bei der Migrationspolitik sei es gelungen, eine Trendwende einzuleiten. "Es gibt um 95 Prozent weniger illegale Ankünfte von Flüchtlingen in Europa als im Jahr 2015. Wir müssen aber die Kooperation mit den nordafrikanischen Staaten weiter ausbauen, um das Geschäftsmodell der Schlepper langfristig zu zerstören und die Migration weiter einzudämmen." Die Gräben, die in der EU durch gegenseitige Schuldzuweisungen entstanden seien, müsse man wieder schließen, so Sebastian Kurz.

Anschluss bei Digitalisierung nicht verpassen

"Europa muss darauf achten, im Bereich der Digitalisierung nicht den Anschluss zu verpassen. Wir müssen in digitalen Schlüsselfeldern, wie beispielsweise bei der künstlichen Intelligenz, verstärkt grenzüberschreitend zusammenarbeiten", betonte Bundeskanzler Kurz. So gelte es auch, in der Automobilindustrie Expertise für Elektroautos und Batterien zu entwickeln. Bei der Vergabe von Großprojekten in der Infrastruktur dürfe in Europa nicht immer der billigste Anbieter gewählt werden, "stattdessen müssen wir verstärkt europäische Anbieter zum Zug kommen lassen und wieder ein Kontinent der Unternehmensgründungen werden. Nur wenn wir das zustande bringen, werden wir auch im Bereich der Innovation und des Wohlstands nicht den Anschluss verlieren."

Sebastian Kurz im Gespräch mit Apple-Chef Tim Cook © BKA/Dragan Tatic

"Nur ein starkes Europa kann auch weltweit einen Beitrag leisten. Nur ein wirtschaftlich erfolgreiches Europa hat auch die Kraft, Grundwerte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte in die Welt zu exportieren", ergänzte Sebastian Kurz abschließend.

In Davos traf Sebastian Kurz unter anderem auch mit den Chefs von Apple, Tim Cook, und Alibaba, Jack Ma, sowie dem chinesischen Vize-Präsidenten Wang Qishan zusammen. Zudem sind am Donnerstag noch weitere Gespräche mit den Vorstandsvorsitzenden David Solomon (Goldman Sachs), Jamie Dimon (JP Morgan), David Rubenstein (Carlyle Group), Dara Khosroshahi (Uber), Vasant Narasimhan (Novartis), Ulrich Spiesshofer (ABB), Bill McDermott (SAP) sowie der Facebook-Topmanagerin Sheryl Sandberg und dem früheren britischen Vize-Premierminister Nick Clegg geplant.

Bilder aus Davos sind über das Fotoservice des Bundeskanzleramtes kostenfrei abrufbar.

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